
Aiguille du Tour – im Rahmen eines Fortbildungskurses
Region: Unterwallis, Tourdatum: 12. Juli 2014, Schwierigkeit: WS/III-IV (UIAA), Wegpunkte: Champex, Grand Plans, Lac d’Orny, Cabane d’Orny, Col d’Orny, Aiguille du Tour Sommet Sud 3540m ü.M., Aiguille d’Arpette, Aiguille de la Cabane – retour. Hochtour: Champex (Sessellift bis Grand Plans) – Bergweg bis Cabane d’Orny (teilweise mit Ketten versichert) – Glacier d’Orny – Col d’Orny – Glacier du Trient Richtung Aiguille Purtscheller – Aiguille du Tour via Südsüdostgrat – Abstieg via Nordgrat und Traversierung in der Ostflanke zurück zum Aufstiegsweg. Höhendifferenz: 1600m ↑ 1600m ↓. Unterkünftsmöglichkeiten: Cabane d’Orny am Glacier d’Orny (im Aufstieg) 2831m ü.M. und Cabane du Trient östlich des Plateau du Trient auf 3170m ü.M. Von der Cabane d’Orny führt ein weiss-blau-weiss markierter Weg zur Cabane du Trient (etwas mehr als eine Stunde). Kann heute ohne Kontakt zum Gletscher begangen werden. Kartenmaterial: 1345 Orsières 1:25’000. Wie der kleine Titel schon sagt, absolvierten wir im Gebiet Orny-Trient einen Aufbaukurs Fels & Eis im fantastischen Umfeld der beiden Hütten Cabane d’Orny und Cabane du Trient. Leider war uns das Wetter nicht sehr entgegenkommend. Trotzdem lernten wir viel und konnten in einigermassen gutem Wetter eine sehr gute und lehrreiche kombinierte Hochtour durchführen.
Im Hüttenzustieg am Donnerstag dem 10. Juli stapften wir durch nassen Restschnee bei leichtem Nieselregen. Aus dem dichten Nebel oberhalb des Combe d’Orny gelangten wir feucht in die Cabame d’Orny CAS. Der Hüttenweg führt entlang der Südostflanke oberhalb der Ornyschlucht schön in Alpenrosen, steilen Granitfelsen, Granitkies und ebenfalls steilen Grashängen hoch bis auf eine kleine Ebene wo sich der Weg in Richtung Westen dreht. Auf der hohen nördlichen Seitenmoräne des Glacier d’Orny gelangt man dann relativ locker zur Cabane d’Orny. Hätten wir nur Hochtouren im Bereich Plateau du Trient gemacht, wäre ein direkter Aufstieg in die Cabane du Trient sicher die beste Lösung.
Von Martigny mit dem Bus (Bahnersatz) bis Sembrancher, umsteigen auf Bus nach Orsières. Niedrig frequenter Bus (Achtung Fahrplan!!) nach Champex (Pass nach Frankreich). Steile Sesselbahn nach Grand Plans. Hüttenzustieg bei miserablen Wetterbedingungen: Verhangen, Nebel, Regen und erdrückende Feuchtigkeit, kühl.
Am ersten Tag repetierten wir viele Knoten, Anseilmethoden, Sicherungsmethoden und machten etwas Theorie. Am Tag darauf, das Wetter war keinen Deut besser, kletterten wir soweit möglich in der Aiguille d’Arpette rum, lernten wie mit mobilen Sicherungen umgehen und lernten neben bekannten Abseilmethoden andere kennen. Durch den kühlen Wind in Verbindung mit Regen war das Klettern und die eher am Ort gebundenen Übungen keine unbedingte Wohltat, einfach auch nicht weil die Felsen sehr rutschig waren. Am Nachmittag, als sich das Wetter etwas lichtete, schritten wir auf den Glacier d’Orny und repetierten nebst der Spaltenrettung einige sehr interessante Verankerungen und Stände. Am Abend stand die Tourenplanung für den nächsten Tag auf dem Programm. Eigentlich wären ursprünglich die Tête Blanche (kombinierter Ostgrat) und die Petite Fourche auf dem Programm gestanden. Allerdings präsentierte sich die steilen (zu bewältigenden) Ost-Nordhänge der Tête Blanche mit viel weichem und nassen Schnee, weswegen der Aufstieg heikel wäre (Schneerutsche oder Lawinen).
[12.07.2014] Aiguille du Tour
Nach am Vorabend erfolgter Tourenplanung und eher unruhiger Nacht stiegen wir gegen 06:30 Uhr auf den Glacier d’Orny. In dichtem Nebel aber wenigstens mehr oder weniger trocken erreichten wir den Col d’Orny, dessen Übergang die Beschreitung des Glacier du Trient bzw. jene des Plateau du Trient einleitet. Im Norden auf einem Felsvorsprung ist die Cabane du Trient zu sehen, denn mittlerweile hatten wir die Nebelobergrenze überschritten. Ein Wolkenmeer war in nördlicher Richtung (Richtung Genfersee) zu sehen.
Die Sonne heizte bei der Überschreitung des Plateaus bereits mächtig ein, der Schnee im Aufstieg Richtung Aiguille Purtscheller war bereits weich und nass. Das Plateau du Trient ist hinsichtlich Spalten in keinem Fall zu unterschätzen. Erstens hat es deren sehr viel und zweitens sind sie teilweise sehr gross. Ein anständige Anseilmethode mit entsprechenden Vorkehrungen ist daher nicht nur sinnvoll sondern erforderlich.
Südgrat auf den Südgipfel der Aiguille du Tour
Am Einstieg in die steile Ostflanke traversierten wir (nun in 2er-Seilschaften) über denGletscherschrund und stiegen direkt auf den luftigen Südgrat. Im Grat kletterten wir zuerst am kurzen Seil. Der Grat wird je weiter oben je luftiger und die Kletterei nahm ebenfalls an Schwierigkeit zu. Der Schnee erleichtert das Klettern insofern nicht, dass man die Steinstrukturen darunter manchmal suchen musste. Die gesamte Kletterei erfolgte in Steigeisen. Im mittleren Abschnitt durfte ich etwa 30m im Vorstieg klettern. Dabei hängte ich 3 Sicherungen ein (darunter einen Friend) und sicherte ungefähr 20m unterhalb des Gipfels die nachfolgenden unserer Gruppe an einem Stand.
Der letzte Abschnitt kletterte unser sehr professioneller und vorbildlicher Bergführer und Lehrer vor und wir kletterten ohne Steigeisen die letzten paar Meter in doch eher schwierigerem Granit (ca. 4b) relativ ausgesetzt bis zum Gipfel.

Tête Blanche, Petite- und Grande Fourche und im Hintergrund die überragenden Aiguille d’Argentière (links) und Aiguille de Chardonnet (rechts).
Ein schönes Gefühl oben angekommen zu sein und wir konnten die Kletterei so richtig geniessen.
Der Abstieg führte uns zuerst über den Nordgrat des Südgipfels der Aiguille du Tour, der uns immer wieder einen schwindelerregenden Tiefblick in die Westwand der Aiguille du Tour garantierte. Allerdings drehten wir dann etwa 40m unterhalb des Gipfels in die Ostwand, die dann relativ leicht und schnell begangen werden konnte. Die Entscheidung nicht die ganzheitlichen Überschreitung von Nord- und Südgipfel zu unternehmen, gab uns dann recht zumal einige grosse Schneerutsche ab dem Nordgipfel spontan losgegangen sind.

Die oberste Passage zum Gipfel sind wir erstmals ohne Steigeisen geklettert. Die mit nur wenigen Griffen versehene etwa 8m lange Passage ist noch ziemlich anspruchsvoll.
Rückweg auf der Aufstiegsspur. In der Mitte des Abstiegs begann es zu schneien und wir waren uns bewusst, dass wir ein riesiges Glück hatten, überhaupt eine Tour im Rahmen dieser Ausbildung machen zu können. Eine sehr schöne und interessante sowie lehrreiche Tour war es und das Gebiet bietet noch weit mehr, also werden wir wieder kommen.
Geologie: Vollständig im Granit, Mineralien des Granits sind mächtiger ausgeprägt als sonst wo. Der Granit ist durch die vergleichsweise grossen Mineralien bestens geeignet zum Klettern. Feldspatteile (weisse Bestandteile des Granits) bis Fingergross! Granit beherbergt kaum Glimmer dafür mehrere Feldspatarten und teilweise versetzt mit Serpentin(it) (grün, seifig). Grate oft durchsetzt mit spitzen Granitzacken, welche sich zum Sichern am kurzen Seil sehr gut eignen.
Am letzten Tag wäre die Begehung des Südgrats der Aiguille d’Arpette (3059) IV oder die Aiguille de la Cabane (2999) III vorgesehen. Wir entschieden uns wegen des Regens und der sehr nassen und rutschigen Felsen dafür die leichtere Aiguille de la Cabane zu begehen. Wir stiegen runter zum Lac d’Orny und querten ihn auf dessen Westseite und gelangten so in leichtem Fels und Schutt auf den Grat (ca. T4+) und stiegen die ersten paar Meter bis ca. 2860m ü.M. auf dem Grat hoch (ca, T5, I). Auf Grund der vielen Flechten auf dem Fels und den sehr nassen Bedingungen brachen wir ab und entschieden uns im Sinne der Sicherheit für den Rückzug. Etwas enttäuscht aber trotzdem zufrieden stiegen wir zurück zum Sessellift auf der Grand Plans.
Trotz sehr schlechtem Wetter bringen wir einen gut gefüllten Rucksack an Erfahrungen und neuen Tricks und Kniffs mit ins Tal. Zudem konnten wir unser Wissen auffrischen und sind nun auch sicherer im Umgang mit Tourenplanung, Entscheide, Sicherung und v.a.. auch Zeitmanagement – etwas vom wichtigsten für eine gelungene Tour. Tourenbeschrieb im Kopf des Berichts bezieht sich nur auf Tour Aiguille du Tour Sommet Sud 3540m ü.M via Südgrat. Gemäss Hochtourenführer Wallis WS II (Ostflanke), Südgrat schwieriger, deswegen und zusammen mit Verhältnissen WS+ IV (Kletterstelle in Gipfelnähe sonst II).
- Aussicht von der Cabane d'Orny auf den Glacier d'Orny und den Col d'Orny.
- Die gemütliche Cabane d'Orny.
- Stimmungsvolle Aussicht ins Tal. Auf der nördlichen Seitenmoräne des kleinen Glacier d'Orny führte uns diesen Tags in dichtem Nebel der Weg zur Hütte. Der Hüttenweg ist wunderschön und flankt entlang der steilen Grashänge weit oberhalb der Combe d'Orny Richtung ESE. Rechts führt der ehemals grosse Gletscherabbruch tief in die Vallon d'Arpette de Saleina. In Richtung der Kamera wäre bei wolkenloser Sicht direkt der Grand Combin ersichtlich.
- Auf dem Col d'Orny. Sicht auf das Plateau du Trient und bereits Sicht auf unser Gipfelziel. Der Weg dahin ist allerdings noch ein Stück.
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- Cabane d'Orny
- Auf dem Col d'Orny. Sicht auf das Plateau du Trient und bereits Sicht auf unser Gipfelziel. Der Weg dahin ist allerdings noch ein Stück.
- Im Hintergrund (südlich) sind die Aiguilles Dorées ersichtlich.
- Im Zoom ist besser ersichtlich dass Süd- (unser Ziel) und Nordgipfel in etwa gleich hoch sind. Wir haben uns entschieden hier noch leicht nach Westsüden zu schreiten, damit wir nicht parallel in die sich unter em Schnee befindende Spaltenzone gelangen. Auf der Höhe der Aiguille Purtscheller sind wir dann direkt in Richtung des 1. Gendarmes des Südgrates der Aiguilles du Tour hochgestiegen. Eines meiner Meinung nach heute sehr gutes Hilfsmittel für die Tourenplanung auf Eis ist google maps.
- Blick zurück über das immer noch sehr gut zugeschneite Plateau du Trient. In direkter Linie im Fels befindet sich die Cabane du Trient.
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- Überragend präsentieren sich auch die schönen Nordwände der Aiguille du Chardonnet und die Aiguille d'Argentière. Im Vordergrund sind die Tête Blanche (unser eigentliches Tourenziel) sowie im Hintergrund die Petite- und Grande Fourche.
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- Rückblick auf die Aiguille Dorées.
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- Bald sind wir am - im Spätsommer teilweise - heiklen Gletscherschrund unterhalb des Südgipfels. Unsere Aufstiegsroute wird etwas schwieriger sein als die Normalroute, die vor dem Erreichen des Südgrats in der Ostwand (die hier ersichtlich ist) unterhalb des Gipfels in den Nordgrat und dann in wenigen Metern zum Gipfel führt. Wir verfolgen die direkte Besteigung auf dem Südgrat bis zum Gipfel und den Abstieg entweder über den Nordgrat oder wie die Normalroute über die Ostwand.
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- Impressionen aus dem unteren Teil des Südgrates. Der Grat wird gegen oben hin anspruchsvoller. Ab ca. der Mitte der Gratdistanz haben wir mit mobilen Zwischensicherungen gesichert und einmal einen kleinen Stand eingerichtet.
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- Rechts (im Westen) kann man luftig in die Südwestwand der Aiguille du Tour schauen.
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- Die oberste Passage zum Gipfel sind wir erstmals ohne Steigeisen geklettert. Die mit nur wenigen Griffen versehene etwa 8m lange Passage ist noch ziemlich anspruchsvoll.
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- Gipfelaussicht Richtung Süden.
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- Der benachbarte gleich hohe Nordgipfel der Aiguille du Tour. Wären die Bedingungen nicht so prekär, hätten wir die zwei Gipfel überschritten (N nach S). Insbesondere der Abstieg in die Scharte vom Nordgipfel zwischen Nord- und Südgipfel gilt allerdings als heikel. Zudem sind im Verlaufe des Mittags mehrere Schneerutsche in der Ostwand runtergekommen.
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- Eine Dole vermutet, dass sie allenfalls etwas von unserem Pausenbrot abkriegen könnte.
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- Abstieg über die Normalroute in der Ostwand. Nach dem Südgrat vergleichsweise einfacher. Am kurzen Seil ist aber der Abstieg gut rein mit dem Seil zu sichern. Es lohnt sich meiner Meinung nach etwas mehr als 5m Seil frei zu haben.
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- Tags darauf sind wir bereits fast wieder auf der Grand Plans. Es regnete den ganzen Morgen.
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- ..was auch diese schönen Gräser zeigen.
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