Aiguille du Tour – Orny-Trient – Ausbildungswoche

Gepostet am Jul 26, 2014 in Alle Berichte, Europa, Geschichten sind Speisen für's Ohr.., Hochtour, Klettern I-III, Mountains, per pedes, Schweiz, Wallis, Wandern T4+ | Keine Kommentare

Aiguille du Tour – Orny-Trient – Ausbildungswoche

Aiguille du Tour –  im Rahmen eines Fortbildungskurses

Region: Unterwallis, Tourdatum: 12. Juli 2014, Schwierigkeit: WS/III-IV (UIAA), Wegpunkte: Champex, Grand Plans, Lac d’Orny, Cabane d’Orny, Col d’Orny, Aiguille du Tour Sommet Sud 3540m ü.M., Aiguille d’Arpette, Aiguille de la Cabane – retour. Hochtour: Champex (Sessellift bis Grand Plans) – Bergweg bis Cabane d’Orny (teilweise mit Ketten versichert) – Glacier d’Orny – Col d’Orny – Glacier du Trient Richtung Aiguille Purtscheller – Aiguille du Tour via Südsüdostgrat – Abstieg via Nordgrat und Traversierung in der Ostflanke zurück zum Aufstiegsweg.  Höhendifferenz: 1600m ↑   1600m ↓. Unterkünftsmöglichkeiten: Cabane d’Orny am Glacier d’Orny (im Aufstieg) 2831m ü.M. und Cabane du Trient östlich des Plateau du Trient auf 3170m ü.M. Von der Cabane d’Orny führt ein weiss-blau-weiss markierter Weg zur Cabane du Trient (etwas mehr als eine Stunde). Kann heute ohne Kontakt zum Gletscher begangen werden. Kartenmaterial: 1345 Orsières 1:25’000. Wie der kleine Titel schon sagt, absolvierten wir im Gebiet Orny-Trient einen Aufbaukurs Fels & Eis im fantastischen Umfeld der beiden Hütten Cabane d’Orny und Cabane du Trient. Leider war uns das Wetter nicht sehr entgegenkommend. Trotzdem lernten wir viel und konnten in einigermassen gutem Wetter eine sehr gute und lehrreiche kombinierte Hochtour durchführen.

Im Hüttenzustieg am Donnerstag dem 10. Juli stapften wir durch nassen Restschnee bei leichtem Nieselregen. Aus dem dichten Nebel oberhalb des Combe d’Orny gelangten wir feucht in die Cabame d’Orny CAS. Der Hüttenweg führt entlang der Südostflanke oberhalb der Ornyschlucht schön in Alpenrosen, steilen Granitfelsen, Granitkies und ebenfalls steilen Grashängen hoch bis auf eine kleine Ebene wo sich der Weg in Richtung Westen dreht. Auf der hohen nördlichen Seitenmoräne des Glacier d’Orny gelangt man dann relativ locker zur Cabane d’Orny. Hätten wir nur Hochtouren im Bereich Plateau du Trient gemacht, wäre ein direkter Aufstieg in die Cabane du Trient sicher die beste Lösung.

Von Martigny mit dem Bus (Bahnersatz) bis Sembrancher, umsteigen auf Bus nach Orsières. Niedrig frequenter Bus (Achtung Fahrplan!!) nach Champex (Pass nach Frankreich). Steile Sesselbahn nach Grand Plans. Hüttenzustieg bei miserablen Wetterbedingungen: Verhangen, Nebel, Regen und erdrückende Feuchtigkeit, kühl.

Am ersten Tag repetierten wir viele Knoten, Anseilmethoden, Sicherungsmethoden und machten etwas Theorie. Am Tag darauf, das Wetter war keinen Deut besser, kletterten wir soweit möglich in der Aiguille d’Arpette rum, lernten wie mit mobilen Sicherungen umgehen und lernten neben bekannten Abseilmethoden andere kennen. Durch den kühlen Wind in Verbindung mit Regen war das Klettern und die eher am Ort gebundenen Übungen keine unbedingte Wohltat, einfach auch nicht weil die Felsen sehr rutschig waren. Am Nachmittag, als sich das Wetter etwas lichtete, schritten wir auf den Glacier d’Orny und repetierten nebst der Spaltenrettung einige sehr interessante Verankerungen und Stände. Am Abend stand die Tourenplanung für den nächsten Tag auf dem Programm. Eigentlich wären ursprünglich die Tête Blanche (kombinierter Ostgrat) und die Petite Fourche auf dem Programm gestanden. Allerdings präsentierte sich die steilen (zu bewältigenden) Ost-Nordhänge der Tête Blanche mit viel weichem und nassen Schnee, weswegen der Aufstieg heikel wäre (Schneerutsche oder Lawinen).

[12.07.2014] Aiguille du Tour

Nach am Vorabend erfolgter Tourenplanung und eher unruhiger Nacht stiegen wir gegen 06:30 Uhr auf den Glacier d’Orny. In dichtem Nebel aber wenigstens mehr oder weniger trocken erreichten wir den Col d’Orny, dessen Übergang die Beschreitung des Glacier du Trient bzw.  jene des Plateau du Trient einleitet. Im Norden auf einem Felsvorsprung ist die Cabane du Trient zu sehen, denn mittlerweile hatten wir die Nebelobergrenze überschritten. Ein Wolkenmeer war in nördlicher Richtung (Richtung Genfersee) zu sehen.

Die Sonne heizte bei der Überschreitung des Plateaus bereits mächtig ein, der Schnee im Aufstieg Richtung Aiguille Purtscheller war bereits weich und nass. Das Plateau du Trient ist hinsichtlich Spalten in keinem Fall zu unterschätzen. Erstens hat es deren sehr viel und zweitens sind sie teilweise sehr gross. Ein anständige Anseilmethode mit entsprechenden Vorkehrungen ist daher nicht nur sinnvoll sondern erforderlich.

Südgrat auf den Südgipfel der Aiguille du Tour

Am Einstieg in die steile Ostflanke traversierten wir (nun in 2er-Seilschaften) über denGletscherschrund und stiegen direkt auf den luftigen Südgrat. Im Grat kletterten wir zuerst am kurzen Seil. Der Grat wird je weiter oben je luftiger und die Kletterei nahm ebenfalls an Schwierigkeit zu. Der Schnee erleichtert das Klettern insofern nicht, dass man die Steinstrukturen darunter manchmal suchen musste. Die gesamte Kletterei erfolgte in Steigeisen. Im mittleren Abschnitt durfte ich etwa 30m im Vorstieg klettern. Dabei hängte ich 3 Sicherungen  ein (darunter einen Friend) und sicherte ungefähr 20m unterhalb des Gipfels die nachfolgenden unserer Gruppe an einem Stand.

Der letzte Abschnitt kletterte unser sehr professioneller und vorbildlicher Bergführer und Lehrer vor und wir kletterten ohne Steigeisen die letzten paar Meter in doch eher schwierigerem Granit (ca. 4b) relativ ausgesetzt bis zum Gipfel.

 

Überragend präsentieren sich auch die schönen Nordwände der Aiguille du Chardonnet und die Aiguille d'Argentière. Im Vordergrund sind die Tête Blanche (unser eigentliches Tourenziel) sowie im Hintergrund die Petite- und Grande Fourche.

Tête Blanche, Petite- und Grande Fourche und im Hintergrund die überragenden Aiguille d’Argentière (links) und Aiguille de Chardonnet (rechts).

 

Ein schönes Gefühl oben angekommen zu sein und wir konnten die Kletterei so richtig geniessen.

Der Abstieg führte uns zuerst über den Nordgrat des Südgipfels der Aiguille du Tour, der uns immer wieder einen schwindelerregenden Tiefblick in die Westwand der Aiguille du Tour garantierte. Allerdings drehten wir dann etwa 40m unterhalb des Gipfels in die Ostwand, die dann relativ leicht und schnell begangen werden konnte. Die Entscheidung nicht die ganzheitlichen Überschreitung von Nord- und Südgipfel zu unternehmen, gab uns dann recht zumal einige grosse Schneerutsche ab dem Nordgipfel spontan losgegangen sind.

Die oberste Passage zum Gipfel sind wir erstmals ohne Steigeisen geklettert. Die mit nur wenigen Griffen versehene etwa 8m lange Passage ist noch ziemlich anspruchsvoll.

Die oberste Passage zum Gipfel sind wir erstmals ohne Steigeisen geklettert. Die mit nur wenigen Griffen versehene etwa 8m lange Passage ist noch ziemlich anspruchsvoll.

Rückweg auf der Aufstiegsspur. In der Mitte des Abstiegs begann es zu schneien und wir waren uns bewusst, dass wir ein riesiges Glück hatten, überhaupt eine Tour im Rahmen dieser Ausbildung machen zu können. Eine sehr schöne und interessante sowie lehrreiche Tour war es und das Gebiet bietet noch weit mehr, also werden wir wieder kommen.

Geologie: Vollständig im Granit, Mineralien des Granits sind mächtiger ausgeprägt als sonst wo. Der Granit ist durch die vergleichsweise grossen Mineralien bestens geeignet zum Klettern. Feldspatteile (weisse Bestandteile des Granits) bis Fingergross! Granit beherbergt kaum Glimmer dafür mehrere Feldspatarten und teilweise versetzt mit Serpentin(it) (grün, seifig). Grate oft durchsetzt mit spitzen Granitzacken, welche sich zum Sichern am kurzen Seil sehr gut eignen.

Am letzten Tag wäre die Begehung des Südgrats der Aiguille d’Arpette (3059) IV oder die Aiguille de la Cabane (2999) III vorgesehen. Wir entschieden uns wegen des Regens und der sehr nassen und rutschigen Felsen dafür die leichtere Aiguille de la Cabane zu begehen. Wir stiegen runter zum Lac d’Orny und querten ihn auf dessen Westseite und gelangten so in leichtem Fels und Schutt auf den Grat (ca. T4+) und stiegen die ersten paar Meter bis ca. 2860m ü.M. auf dem Grat hoch (ca, T5, I). Auf Grund der vielen Flechten auf dem Fels und den sehr nassen Bedingungen brachen wir ab und entschieden uns im Sinne der Sicherheit für den Rückzug. Etwas enttäuscht aber trotzdem zufrieden stiegen wir zurück zum Sessellift auf der Grand Plans.

Trotz sehr schlechtem Wetter bringen wir einen gut gefüllten Rucksack an Erfahrungen und neuen Tricks und Kniffs mit ins Tal. Zudem konnten wir unser Wissen auffrischen und sind nun auch sicherer im Umgang mit Tourenplanung, Entscheide, Sicherung und v.a.. auch Zeitmanagement – etwas vom wichtigsten für eine gelungene Tour. Tourenbeschrieb im Kopf des Berichts bezieht sich nur auf Tour Aiguille du Tour Sommet Sud 3540m ü.M via Südgrat. Gemäss Hochtourenführer Wallis WS II (Ostflanke), Südgrat schwieriger, deswegen und zusammen mit Verhältnissen WS+ IV (Kletterstelle in Gipfelnähe sonst II). 

 

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