Hagel, Blitz und Donner auf dem Walalpgrat

Gepostet am Jun 20, 2016 in Alle Berichte, Bern, Europa, Geschichten sind Speisen für's Ohr.., Mountains, per pedes, Schweiz, Wandern kleiner T4 | Keine Kommentare

Hagel, Blitz und Donner auf dem Walalpgrat

Wetterkapriolen auf dem Walalpgrat

[17./18. Juni 2016]

Wir planten eine kurze Wanderung von zu Hause aus, ein Einstieg in „unsere Saison“. Drei Wochen zuvor waren wir aus Indien & Nepal zurückgekehrt. Dort waren wir zwar viel gewandert, aber eben hier im „Schweizer Sommer“ noch nicht. Die Wetterporgnose sagte lediglich, dass es in der Nacht zwischen ca. 22.00 und 23:30 Uhr zu einer Wahrscheinlichkeit von 43% etwa 3mm Niederschlag geben könnte. Nicht aber, dass wir mit anderen Überraschungen zu rechnen hatten!

Wir machten uns erst nach 14.00 Uhr mit dem Bus auf den Weg nach Pohlern, wo wir bei der Haltstelle Kreuzgasse entstiegen. Danach liefen wir direkt vis-à-vis der Haltestelle der zuerst geteerten Strasse entlang hoch. Obwohl die Sonne schien, wurden wir schon mal von grossen Regentropfen getauft. Doch wir liessen uns nicht beirren, das gehörte zu diesen Sommer. Wir gelangten schnell mal weg vom Dorf hinein in die Natur. Im Wald folgten wir weiter der Kiesstrasse, wo wir bei der zweiten Abbiegung gegen Westen drehten und den Rufigraben durchquerten. Danach stiegen wir über einen Rücken auf die tiefgelegene Alp Ried (905m).

Danach folgt ein gutes Stück in dichtem Wald, der Boden vom Dauerregen ist sehr durchnässt und die Vegetation dicht wie im Urwald. Bald erreichten wir wieder offenes Gelände bei der Alp Älpetli und sahen bereits die Felsbänder der Chatz und Mus oberhalb der Chrümmelwäge und auch den Sattel, denn wir nach den Chrümmelwäge erreichten. Davor ist der ganze Nordwesthang des Walalpgrats am rutschen, die Traverse nicht einfach, zumal darunter auch noch harter Schnee liegt. Wir hatten den dienlichen Pickel dabei und konnten ihn dort gut gebrauchen.

Wir erreichten danach über eine Wegspur direkt auf dem Rücken den Walalpgrat. Es war etwa 18.30 Uhr, als wir oben bei wunderbaren Bedingungen ankamen. Auf dem Walalpgrat hat man eine wunderbare Aussicht auf den Thunersee und ins Berner Oberland. Es befindet sich noch reichlich Schnee auf dem Grat, den man zum Wasser kochen verwenden kann. Ausserdem gibt es kleine Seen, die auch oft im späteren Sommer noch etwas Wasser tragen (kein Trinkwasser, aber für’s Kochen geht’s).

Nach dem Aufstellen des Zelts gönnten wir uns einen Kaffee und begannen etwas später mit dem Kochen unseres Risottos, denn wir waren bereits hungrig.

kafi

Nichts ahnend waren wir beim Kochen und genossen die Aussicht auf den Thunersee, als wir auf einmal ein lauter Donner hörten und uns gegen das Simmental wandten. Dort sahen wir eine dunkle Wand auf uns zukommen, wie aus dem Nichts. Bei Meteo Schweiz konsultierten wir den aktuellen Wetterradar und sahen dort schon mal mit Schrecken eine grosse Gewitterzelle auf uns zu kommen, das Zentrum zog in der Animation direkt über uns hinweg. Daraufhin waren wir uns einig, das etwas exponiert aufgestellte Zelt in eine Mulde hinter einen kleinen steinernen Hügel umzuplatzieren. Auf keinen Fall wollten wir den höchsten Punkt in der Umgebung sein. Und dermassen ausgesetzt zuoberst auf einem Gebirgszug konnte ein bisschen Windschatten auch nicht schaden.

So kochten wir noch schnell den Risotto fertig. Bei den ersten Regentropfen, nur wenige Minuten später, hatten wir all unser Material ins Zelt gelegt und uns selber zum Schutze hineinbegeben. Der Wind wurde binnen Minuten orkanartig und es begann nach ersten Tropfen an zu hageln. Der Hagel prallte mit einer unwahrscheinlichen Wucht auf die Zeltwände. Wir beide stemmten uns gegen die windzugewandte Seite von innen gegen die Zeltwand, versuchten die Zeltstangen zu stabilisieren und hatten doch auch Angst vor den nahe einschlagenden Blitzen. Auf Grund der Stärke dieses Gewitters konnten wir unsere Stimmen nicht mehr hören und das ganze fühlte sich irgendwie wie ein Weltuntergang an. Wir erinnerten uns daran, unsere Körperoberflächen möglichst klein zu machen, einander nicht zu berühren und dass womöglich unsere luftgefüllten Exped-Matrazen die Leitungsfähigkeit zur Erde reduzieren/unterbrechen vermochten (?). Deshalb versuchten wir fortan, nicht mehr die Erde zu berühren. So fanden wir irgendwie Vertrauen in die Sache und hofften, dass die Gewitterzelle bald über uns vorbeigezogen war. Doch das Ende liess auf sich warten..

Zwischen 20:15 und ca. 21:00 Uhr waren wir dann beschäftigt, uns und das Zelt zu beschützen und fanden trotz der enormen Wucht langsam Vertrauen in unsere Unterkunft. So prästierten wir die Situation bei nun nachlassendem Hagel und Wind. Phuuu, nochmals Glück gehabt….

Nach dem Abflauen des Sturms etwa nach 21.15 Uhr begaben wir uns raus, um die Situation zu überschauen. Das Gewitter hatte einen weissen Teppich von Hagelkörner zurückgelassen. Die Gewitterzelle bewegte sich nun über den Thunersee, die Sturmwarnungen leuchteten und es schlugen ab und zu weitere Blitze ins Umland des Sees und später ins obere Emmental, Hohgant und Innerschweiz. Ein unwahrscheinliches Schauspiel mit dieser nachtdunkeln Gewitterzelle, die da so schnell durch die halbe Schweiz zog, dass man so nicht selten zu Augen bekommt!

Nach dem Sturm

Es war frisch geworden, denn der Wind blies immer noch ziemlich stark. Die Nacht war danach relativ angenehm, jedenfalls ohne weiter Gewitter, wenn auch etwas kalt.

Stockhorngrat bis Homad

Eigentlich planten wir, bis über die Chrumfadeflüeh zu laufen, doch nach der erneuten morgendlichen Konsultation des Wetterberichts mussten wir eingestehen, dass wir etwa um 12.00 Uhr wieder unten im Tal sein sollten, denn es waren nun wieder früher Gewitter angesagt. Dieses Risiko wollten wir nicht noch einmal eingehen und uns in Gefahr begeben.

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Bananen-Schokoladen-Müesli und dem Genuss des kalten Morgens mit diesen wunderbaren Bildern rund um die Sonnenaufgangsstimmung nach 5.00 Uhr verliessen wir den Walalpgrat Richtung Katz u Mus.

Sunrise

Der Wanderweg ist durch die üppige Vegetation oftmals nur schwierig zu finden und die Nässe der Wege macht es nicht leicht. Trotzdem waren wir bald mal bei Katz und Mus und schritten weiter dem wunderbaren Grat entlang.

Bald zog bereits gegen 8.30 Uhr die Feuchtigkeit die Nordhänge der Stockhornkette hoch. Kurz vor dem Möntschelespitze, der über einen steilen Grashang von Osten her erklommen wird, waren die Wolken bereits fest in die Nordflanken verbunden und schossen über die Gräte zum Himmel. Auf dem Möntschelespitz genossen wir den warmen, aber feuchten Morgen und machten uns auf der Gratkante direkt auf zum Homad. Diese Passage ist ziemlich exponiert und bei der momentanen Feuchte ist insbesondere darauf zu achten, dass man nicht ausrutscht. Etwa 2 Stunden, eingerechnet einer zweiten Frühstückspause vor dem Aufstieg zum Möntschelespitz, nach dem Ablaufen vom Walalpgrat, erreichten wir den Homad.

Wir stiegen ab in den dichten Nebel ab dem Homadsattel Richtung Blumenstein (3:50h gemäss Wegweiser vom Homad). Der Weg bis in die Salzmatte ist ziemlich steil und oftmals noch vom Winter etwas verwüstet. Ab Blatteheid ist’s dann sehr einfach, mehr oder weniger kann da dem Fallbach gefolgt werden bis Längematt, wo es nochmals kurz einer Strasse nach folgend etwas ansteigt.

Danach führt der Wanderweg über sumpfige Wiesen bis zur Kirche in Blumenstein. Um 12:40 erreichten wir die Bushaltestelle Fallbach und es begann pünktlich an zu regnen, nun stimmten die Prognosen…

Gerade wegen dem unheimlichen Gewitter, den wunderbaren Stimmungen direkt danach und am Morgen früh war unser Ausflug eine unvergessliche Tour geworden. Schön auch zu wissen, dass man quasi von zu Hause aus ablaufen kann und bald in den Bergen ist.
„Abenteuer muss man nicht planen, sie ergeben sich ganz von alleine!“

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