Klettertour auf das Gspaltenhorn

ein spaltiger Gipfel & eine beeindruckende Gletscherlandschaft

 

Das Gspaltenhorn ist ein prächtiger Berg, von welchem spaltenartig mehrere Türme in den Himmel ragen. Der höchste und breiteste dieser Türme sieht einer in einen Spitz mündenden zylindrisch Krone gleich. Als wir vor etwas mehr als zwei Wochen von der Mutthornhütte zum Tschingel- und tags darauf zum Breithorn über den Tschingelfirn zum Petersgrat liefen, machte uns der Rückblick auf die steil heraufragende Südostwand und das auch von seiner „Hinterseite“ formschöne Gspaltenhorn Eindruck und liessen uns davon inspirieren. Jetzt waren wir oben, scheller, als wir uns zu diesem Zeitpunkt gedacht hatten.

Im Abstieg von der Gspaltenhornhütte schlugen wir den etwas längeren Moräneweg ein und wanderten durch eindrückliche Landschaften, welche der Gletscher massgebend geprägt und zurückgelassen hatte. Staunend über diese naturgemachten Strukturen waren wir gut abgelenkt von den schwerer werdenden Beinen auf dem langen Abstieg. Ein sehr willkommener Umweg.

 

Aufstieg zur Gspaltenhornhütte SAC

[30. August 2015, 14.15 – 17.15 unterwegs]

Wir hatten nach einer Arbeitswoche bereits wieder Ferien und wussten vom Wettbericht, dass gerade der Beginn mit schönem Wetter gesegnet war, danach aber eine Schlechtwetterphase im Anmarsch war. So erreichten wir nach Kaffee & Kuchen in Schliern bei Köniz sowie der Übergabe des Geburtstagsgeschenk an Malin, welche die beiden Kerzen auf ihrem Kuchen bravurös ausgeblasen hatte – ausnahmsweise aus Zeitgründen – mit dem Auto das Kiental, wo wir im Dorf gleich bei der Postautohaltestelle parkierten. Von da an nahmen wir bei sommerlich heissen Temperaturen das Postauto, welches für die steilste Strecke von Europa bis auf die Griesalp für uns Fährte aufnahm. Das ist jedenfalls ein schönes und interessantes Erlebnis, zumal die Chauffeure immer auch als amüsante „Reiseführer“ agieren und jeweils etwas zu berichten wissen. Die Postautostrecke führt vom Tschingelsee, welcher heute eine Schwemmebene mit sich ständig veränderdem Wasserlauf ist – rund 250 Höhenmeter in 2 Km hoch auf die Griesalp. Die Maximale Steigung beträgt beachtliche 24%! Zum Scherz meinte der Postautochauffeur bei der Ankunft in der Griesalp, dass er jetzt diese Fahrt doch gut gemeistert haben, obwohl es zum ersten Mal war…

Wir verliessen die Griesalp etwas nach viertel nach zwei und entschieden uns für den Weg auf der südlichen Seite zum Dündenessli bis zum Bundesteg, wo wir über eine Brücke den Gornernbach überquerten. Bei der Alp Gamchi, die sich zur Zeit im Neubau befindet, tranken wir in der nachmittäglichen Hitze ein Coca Cola und einen Minzeneistee. Danach ging’s zur Sache, der Weg steigt entlang der Gamchischafberge auf der nördlichen Seite der Gamchi unter dispersen Wasserfällen hoch zur Sillere, bis wir die nördliche Gamchigletschermoräne erreichten. Die Gspaltenhornhütte SAC hat bei der Felstraverse unter den Gamchischafberge ein oberes und ein unteres Regenschirmdepot eingerichtet – die Schirme darf man für diese Traverse benutzen, falls man sich eine Dusche ersparen will. Auf Grund der sommerlichen Hitze genossen wir aber die abkühlenden Tropfen, die von der Felswand runterregnen.

geologische Schönheit

geologische Schönheit

 

Noch auf der Moräne dreht der Weg Richtung Bütlassesattel, der sich zwischen Gspaltenhorn und Bütlasse befindet. Die 340 Höhenmeter zur Hütte mit Blick auf das mit nur wenigen weissen Wolken verhüllte Gspaltenhorn waren schneller hinter uns gebracht, als wir dachten. Wir erreichten die Hütte ca. 3 Stunden nach dem Abmarsch in der Griesalp, mit der Pause in der Gamchi eingerechnet und genossen die wunderbare Terrasse bei einem „Suure Moscht“. Die Gspaltenhornhütte wurde letztes Jahr saniert, bekam einen mehrstöckigen Anbau und ist sehr modern mit wunderbaren und sehr angenehmen Schlafräumen – ein Ort zum Wohlfühlen!

Bereits bei der telefonischen Anmeldung bemerkte der Hüttenwart, dass es ungewöhnlich viele Gspaltenhorn-Aspiranten gebe für den Montag. Uns störte das nicht, wie am Matterhorn würde es nicht sein. Wie wir entschieden sich die meisten einen Tag frei zu nehmen, weil man gemeinhin vermutet, dass die Saison schon jetzt oder mindestens bald zu Ende sein könnte, verständlich wie wir finden.

Wir genossen den Hüttenabend bei gutem Nachtessen und wunderbarem Ambiente auf der Terrasse.

 

kletternd dem gspaltigen Gipfel empor

[31.08.2015, 4.30 – 18.00 mit 3 langen (Gipfel-)rasten]

Bergsteigerfrühstück gab es um 04:00 Uhr und da hielten wir uns dran – auch wenn es zu dieser Jahreszeit zu früh ist, aber dazu später. Etwa um 04:25 zogen wir Richtung Bütlassesattel von dannen. Wir beobachteten einige Zweischaften an Stirnlampen, die uns im steilen Band aufzeigten, wo es lang geht. Durchwegs findet man mehr oder weniger gut begehbare Pfadspuren. Der Aufstieg ist nicht angenehm, durchgängig steil und oft muss auch auf mögliche Steinschlagauslösung geachtet werden. Im oberen Bereich führt die beste Route entlang der steilen Südostwand der Bütlasse. Es rät sich bereits hier den Helm anzuziehen. Wir hatten fast alle Seilschaften überholt und erreichten nach genau einer Stunde den Bütlassesattel. Zu dieser Zeit, etwas nach halb sechs war es immer noch dunkel, obwohl der beinahe noch volle Mond die Felswände etwas zu beleuchten vermochte. Wir deponierten auf dem Sattel unsere Stöcke und zogen unangeseilt hoch zum Bösen Tritt, aber nicht bis zu oberst. Unterwegs führen die Wegspuren ziemlich exponiert in Richtung Sefinetal, zuerst hoch zu einem danach steileren, aber immer noch weghaften Pfad. Partiell kann man sich etwas an Felsen halten. Im letzten Drittel befindet sich ein kleines Querband – dort machten wir es uns bequem und beobachteten, wie ein neuer Tag erwachte.

So zogen die meisten anderen Seilschaften an uns vorbei. Dies und unser Zeitmanagement stresste uns aber nicht, weil wir den heutigen Tag sicher ausgiebig geniessen wollten. Es war ein Traumtag und dies kündigte dieser ruhige, mystisch anmutenden Morgen an! So verweilten wir dort, assen und tranken etwas und versuchten die wunderbare Silhouette des Berner Dreigstirns, dass in seiner Schwärze nicht zu übertrumpfen schien, irgendwie zu fotografieren. Links vom Wetterhorn, wo die Hochalpen in die Niederungen abbrechen, zog ein rot-oranger Strich das Licht der langsam aufgehenden Sonne hoch und färbte den Himmel darüber ins schönste Dunkelblau, weiter oben in ein blau-schwarz-violett Gemisch.

ein neuer Tag erwacht..

ein neuer Tag erwacht..

Erst bei leichter Dämmerung stiegen wir angeseilt weiter auf den Kulminationspunkt des Bösen Tritts. Apropos Böser Tritt: Die Landeskarte 1:25’000 und der Tourenführer SAC (Mosimann, Ueli, Hochtouren Berner Alpen. Vom Sanetschpass zur Grimsel, 2. überarbeitete Auflage 2006) sind sich in der Sache „Böse Tritt“ nicht einig. Letzterer plädiert dafür, dass der Böse Tritt erst der etwa 30m hohe, mit Tauen versicherte Abschnitt vor dem Gipfelgrat ist [..Dem Grat entlang und über einen Schnee- oder Geröllhang an den Fuss des Bösen Tritts. An fixen Seilen über …“]. Die Karte meint, dass der erste Aufschwung bis 3223m ü.M. auf dem Leiterngrat der Böse Tritt ist. Ich habe das Gefühl, dass die Karte richtig liegt, denn dieser Tritt ist böser als der obere, weil viel Schutt rumliegt und ein Ausrutscher hier viel wahrscheinlicher ist (kaum Sicherungsmöglichkeit und objektiv gefährlicheres Gelände als oben).

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Wie dem auch sei. Oben auf dem Böse Tritt offenbart sich der Leiterngrat, der aus dieser Perspektive sehr luftig und nicht ganz einfach aussieht. Beidseitig fällt der Grat nämlich einige 100HM ins Sefinetal, wahrscheinlich über 1000Hm runter. Es ist also Vorsicht geboten. Wir stiegen den Böse Tritt vorsichtig ab und erreichten eine scharfe Felskante, die wir erkletterten. Es befindet sich ein Fixseil und eine geknotete Bandschlinge auf der ersten Erhebung und oben kann man einen Karabiner zur Zwischensicherung einhängen. Über den luftigen, messerscharfen Grat steigt man auf seiner Nordseite (links) weiter, leicht abwärts in eine kleine Scharte, wo man wieder einen Karabiner einhängen kann. Wir sicherten diese Stellen jeweils mit HMS und fühlten uns so sehr sicher. Die Griffe und Tritte sind im Übrigen in Top Gesteinsqualität. Von der Scharte stiegen wir immer noch am selben Karabiner nach Westen (kientalseitig) ab, an einem Fixseil entlang an einer weiteren Sicherung in einen engen Schacht in eine tiefe Scharte ab (ca. 12m). Danach übersteigt man ein sehr gut abgesichertes, aber plattiges Felsband auf seiner Westseite hoch (dort hat es gute Tritte). Ein weiteres plattiges Felsband, das gegen Norden in Schutt abfällt folgt, welches uns auf einen weiteren Gendarm führt. Dieser kann links rum an einem Kabel umgangen werden. Danach stiegen wir wieder rund 10 Meter in einer Verschneidung ab. Da kann man eine Bandschlinge in einen guten Zacken einhängen.

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So erreichten wir eine weitere Scharte, die danach direkt und in einfacherem Gehgelände zum etwa 40m hohen, mit zwei Tauen versicherten Aufschwung führt. Sarah stieg vor und sicherte in der Mitte des Aufschwungs, danach stieg ich wieder vor und sicherte oben, wo man den langen Gipfelgrat erreicht. Am besten hält man sich von nun an den etwa 4 Sicherungsstangen (ca. 20m Abstand) folgend ziemlich direkt auf dem Grat und erreicht nochmals über eine luftige Stelle den Gifpel des Gspaltenhorns. Etwas nach 8.00 Uhr erreichten wir den Gipfel und freuten uns mit den anderen Gipfelstürmer über das Erlebnis, die wunderbare Aussicht rund um das Gspaltenhorn. Bei wunderbarem Wetter und sehr angenehmen Temperaturen genossen wir diesen wunderbaren Gipfel, der so richtig zum Verweilen einlud! Eine wahre Freude heute da oben stehen zu können.

Top of Gspaltenhorn 3436m - quasi zum Frühstück auf dem Gipfel, deshalb die Schatten im Gesicht

Top of Gspaltenhorn 3436m – quasi zum Frühstück auf dem Gipfel, deshalb die Schatten im Gesicht

Nach einer Dreiviertelstunde entschieden wir uns – fast etwas gegen unseren Willen – den Abstieg unter die Füsse zu nehmen. Die Tauen nach dem Gipfelgrat erleichtern das Abklettern enorm. Danach erreichten wir relativ zügig, aber auch geniessend den Büttassesattel. Wir blieben bis dahin angeseilt und packten unsere Sachen erst da in den Rucksack. Im Unterschied zum Aufstieg liessen wir uns nicht blenden und behielten den Helm das steile Schotterfeld bis weit runter auf dem Kopf. Der Abstieg war dann weit weniger mühsam als zuvor ausgemalt, da wir ab ca. der Mitte teilweise links vom Weg in den kleinschottrigen Bereichen abrutschen konnten und so die Hütte nur gut eine halbe Stunde nach dem Bütlassesattel erreichten. Wir genossen eine Rösti und liessen uns an diesem prächtigen Tag überhaupt nicht durch irgend einen Zeitplan aus der Ruhe bringen. Um 16:43 Uhr fährt durch die Woche das letzte Postauto ab der Griesalp, doch an Abstieg und gar an Abstieg auf dem selben Weg war uns nicht. Wir entschieden uns nach dem Verlassen der Gspaltenhornhütte für den Abstieg über den schönen Moränenweg um danach beim Abzweiger „Uf dr Moräne“ nach links auf den Gamchigletscher – oder was davon übrig blieb (ein paar Toteisfelder) – abzusteigen. Staunend und tief beeindruckt waren wir über die vom Gletscher zurückgelassenen Strukturen – abgesunkene oder eingekerbte Eislöcher, durch den Schutt markierte Eisstrukturen.

Gamchi-Monster (lieb!)

Gamchi-Monster (lieb!)

Auf der – in „Fliessrichting“ – linken Seite befindet sich eine mächtig tiefe Schlucht, durch die der Morgenhorngletscher und sein grosser und immer wieder kalbernder Abbruch entwässert, die man staunend über einen Steg begeht. Eine eindrückliche Schlucht, deren Wasser sich sicher 40m in den Kalkstein hineingefressen hat. Danach steigt man über einen guten Weg der Moräne entlang. Wir erreichten danach über eine Erhöhung unterhalb der steil hochragenden Felsen der Bettstatt und einen weiteren steilen Anstieg auf gutem Wege das Oberloch oberhalb der Alp Bundläger. Danach, bei der oberen Bundalp, gönnten wir uns im Berghaus eine Käseschnitte und genossen den wunderbaren Rückblick auf das Gspaltenorn.

Nach einer ausgiebigen Rast erreichten wir bald mal die Griesalp und mussten dann aber weiter laufen, weil wir das Auto in Kiental Dorf hatten. Langsam machte sich die Müdigkeit bemerkbar, denn wir waren nun schon beim Tschingelsee und hatten diesen bald überwunden, als doch (endlich) ein Auto anhielt und uns freundlicherweise bis Kiental Dorf mitnahm. Rosmarie und Alois aus der Innerschweiz, ein ganz nettes Paar, hatten Bedauern mit uns gehabt. Wir waren sehr dankbar und sahen in ihnen ganz herzliche Leute, die ihre Ferien im Berner Oberland genossen – vielen Dank nochmals!

Müde, aber sehr zufrieden machten wir uns nach dem Fussbad im Brunnen auf die Nachhausefahrt.

 

Wegpunkte

Griesalp – Gamchi – Sillere – Uf dr Moräne – Gspaltenhornhütte SAC- Bütlassesattel – Böse Tritt – Gspaltenhorn – Gspaltenhornhütte – Moränenweg -Gamchigletscher – Oberloch – Bundläger – Obere Bundalp – Undere Bundalp – Griesalp – Kiental, Dorf

Auf- und Abstieg: 2100 hoch, 2705 runter

Schwierigkeit Tour: T4+/ZS-/III (UIAA-Skala)

 

Material für die Tour

  • 30m Seil
  • 2-3 Express
  • 3 HMS Karabiner
  • 2 mittellange Bandschlingen
  • Steigeisen & Pickel je nach Bedingungen

Durch die gute Absicherung der Route bedarf es keiner Keile und/oder Friends. Wir hatten bei der Reservation bereits nachgefragt, ob wir Steigeisen brauchen würden. Dadurch hatten wir sie gar nicht erst mitgenommen und auch der Pickel blieb am Rucksack. Allerdings sollte man bei Unsicherheit über die Bedingungen unbedingt Steigeisen mitnehmen!

 

 

 

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