Piz Bernina per la cresta bianca „Biancograt“ e traversata del Piz Palü

Gepostet am Jan 13, 2018 in Alle Berichte, Europa, Geschichten sind Speisen für's Ohr.., Graubünden, Hochtour, Klettern I-III, Mountains, Oberengadin, per pedes, Schweiz, Wandern kleiner T4 | Keine Kommentare

Piz Bernina per la cresta bianca „Biancograt“ e traversata del Piz Palü

Winter und Schlechtwetter am Piz Bernina

Der Piz Bernina ist der höchste Berg der Ostalpen und hierunter auch der einzige Berg, der die 4000er Marke überschreitet. Dies und einer der wohl formschönsten Alpenfirngrate macht ihn zu einem attraktiven Gipfelziel. Das Berninamassiv bestehend aus dem ebenfalls faszinierenden Piz Roseg, dem mit dem Bernina unmittelbar verbundenen Piz Scerscen im Westen, sowie die östlichen Nachbaren Bellavista und Piz Palü ist eine grossartige Erscheinung, die nordseitig vorwiegend durch eine enorme Gletscherlandschaft geprägt ist, südseitig dagegen durch steile, hochragende Felswände. Der Piz Bernina wird am einfachsten über die Normalroute bestiegen. Diese führt vom Rifugio Marco e Rosa über den Spallgrat in rund 4 Stunden zum Gipfel. Allerdings ist auch da in jedem Fall ein langer tagfüllender Hüttenzustiegsweg unter die Füsse zu nehmen. Der Biancograt ist um einiges schwieriger und länger und führt, wie man anhand des Namens entnehmen könnte, nicht „nur“ über einen weissen „bianco“ Grat sondern ebenfalls über verschiedene Felsgrate, die man übersteigt auf den Gipfel. 

Zustieg übers malerische Val Roseg

[21.07.2017] Hüttenzustieg Pontresina – Tschiervahütte SAC (2583m) /T3
Aufstieg: 900Hm / rund 13Km

Der Zustieg zur Tschiervahütte auf 2583m kann mit einer Kutschenfahrt zu Pferd vom pontresiner Bahnhof um rund 1.5 Stunden verkürzt werden (siehe beispielsweise hier). Wir erreichten den Bahnhof nach schier endlosem Zugfahren aus dem Berner Oberland etwa um 13.00 Uhr. Die nächste Kutsche, so liessen wir uns sagen, führte uns erst in einer Stunde nach Roseg, wobei die Entscheidung, diesen Weg anstelle zu Wagen unter die Füsse zu nehmen sofort gefällt war. Malerisch begleitet durch eine schöne Natur durch Arvenwälder, entlang dem weissfarbenen reissenden Ova da Roseg erreichten wir gerade noch das Restaurant Roseg Gletscher (hier), so dass wir unbeschadet anstelle der Inkaufnahme durchnässter Kleider uns im Trockenen an der Tasse eines Kaffees nippend sahen.

Nach dem Regen stiegen wir gemütlich entlang der unwahrscheinliche Moränenlandschaft des Tschiervagletschers zur Chamanna da Tschierva hoch. Im Angesicht des Piz Roseg und später der enormen Westflanke des Piz Bernina war das ein rascher und zeiteiliger Aufstieg, der weder für Körper und schon gar nicht für den Geist ins Gewicht fiel – das war auch gut so, denn das mussten wir noch etwas aufsparen!

Trübe Aussicht, Durchhaltewille und Zuversicht – Piz Bernina!

[22.07.2017] Tschiervahütte – Fuorcla Prievlusa – Biancograt – Piz Bernina – Spallagrat – Marco e Rosa
Aufstieg: rund 1700Hm / rund 6Km / Abstieg: Rund 450HM / rund 2.5Km /ZS+ III+

Zeit: 04:05 Uhr Tschiervahütte – Fuorcla Prievlusa 06:55 Uhr – Piz Bianco 11:30 Uhr  (06.5h) – Piz Bernina 14.00 Uhr (rund 10h) – Marco E Rosa 16.05 Uhr (rund 12h)

Um 02:40 Uhr meldete sich mein Wecker in der Tonalität einer tibetischen Dungchen, ein Blechblasinstrument aus Kupfer, welche etwas wie ein dunkles basslastiges Alphorn tönt. Wie auch immer…

Es war noch früh, die Nacht irgendwie gar ohne Schlaf, denn es war unheimlich hektisch in der Hütte. Sarah verarztete die halbe Nacht einen Bergführer, der in Ohnmacht gefallen war und sich den Kopf aufgeschlagen hatte. Ich hatte wenig mitbekommen und war am morgen ungerechterweise etwas erbost über die Turbulenzen. Jetzt im Nachhinein kann ich mich nur entschuldigen, mit Hochachtung! Neben den hütteninternen Turbulenzen war auch draussen ziemlich viel los: Blitz, Donner, Gewitter..

Am Morgen regnete es immer noch wie aus Kübeln und ein Ende war nicht so richtig in Sicht. Damit entschieden wir uns im Glauben an die positive Wetterprognose nach einem etwas ausgedehnteren Frühstück trotzdem um 04.00 Uhr in die dunkle Nässe aufzubrechen. Es regnete und regnete und bald waren wir nass bis auf die Socken, doch tat dies unserem Unternehmen bis dahin keinen Abbruch. Der Weg führt neu zuerst relativ steil bergauf, über Eisentritte und mit Ketten versicherte Wege, danach über viel labiles, schuttiges Material nach Süden der Fuorcla Prievlusa, dem eigentlichen Anfang des Biancograts entgegen. Bei beständig miesem Wetter erreichten wir den kleinen Gletscher, der westlich unterhalb der besagten Fuorcla steil abfällt. Nach einer kurzen Gletschertraverse im flachen Gelände stiegen wir über grantige, plattige Bruchflächen unterhalb eines Abbruchs hoch auf eine wieder gletscherhafte, flachere Passage wo wir die Steigeisen anzogen und danach zum kleinen Bergschrund gelangten. Diesen überwanden wir ganz links über den Felsen. Siehe da, es hörte auf mit dem Regen, dies mit dem ersten Tageslicht. 

Doch da war da noch etwas..? Es hatte so viel geregnet, dass der Klettersteig, der seit der vermehrten Ausaperung des Firnfeldes installiert wurde, zum Zeitpunkt unseres Durchstiegs nicht nur ein Klettersteig war, sondern vor allem ein Wasserfall! Was soll’s, nass waren wir ja bereits…..

Oben angekommen, verzogen sich die Wolken und der Nebel langsam – endlich! Ich wechselte mein durchnässtes T-Shirt und gab Sarah meine noch trockenen Handschuhe aus dem Rucksack, den ihre waren nass und schwer wie Blei. Eines stand fest: Es war ungemütlich mit der Nässe. Die Kälte würde sodann ebenfalls stetiger Begleiter unseres Unterfangens sein.

Jetzt sahen wir das erste mal auf den Grat und bemerkten erst jetzt recht, dass da ordentlich Schnee am Biancograt lag. Jetzt machte das ganze für uns erst wieder Sinn: Bianco heisst ja weiss und nicht schwarz, braun oder einen andere dunkle Farbe!

Biancograt – ein wilder Ritt 

Nun ging’s so richtig los. Die Kletterei war anstrengend, bereits hier. Oft mussten die Tritte und Griffe vom Schnee befreit werden, es bedurfte einiges an Vorsicht. Der Grat wird sofort ausgesetzt, Passagen in einfacherem Gelände mit ausgesetzten, etwas schwierigeren Stellen wechselten sich von nun an ab.

Der Plan war bereits im Voraus mit Christoph besprochen, den ganzen Grat ohne Umgehung in die heiklen, zuvor ausgeaperten Osthänge zu überklettern. Die Neuschneeauflage würde nicht helfen, zumal sie erstens unbefestigt war und zweitens darunter Blankeis sein würde. Dies beinhaltete den ersten und längsten Felsgrat ohne die Traversierung nach Osten über einen lateralen Durchgang zum Firnfeld und die finale Haifischflosse kurz bevor der Biancograt in den Himmel ragt. Im Wissen darum, dass wir mindestens eine Stunde länger hatten zum Firnaufstieg, waren wir bemüht, die Erkältung der Finger und Füsse mit zügigem Voranschreiten im Rahmen zu halten. Dies gelang mehr oder weniger. Die Kletterstellen sind mehrheitlich im II bis im oberen III Grat aber relativ anhaltende Konzentration fordernd, verstärkt durch den Schnee.

Auf dem ersten Kulminationspunkt, durften wir zum ersten Mal die Himmelsleiter betrachten, was für ein Bild! Ein jedes Bergsteigerherz erhöht dabei automatisch die Kadenz:

Doch vorerst seilten wir gegen Osten (knapp 25m) auf den steilen Gletscher ab, auch weiter den ca. 20m am Grat entlang wäre möglich gewesen, wie sich erst später herausstellte. Unten hat es Randspalten, die wir auf Brücke querten und danach im steilen unverfestigten Firn die letzten Meter hochstiegen. Ab zur Haifischflosse, über eine breite Spalte, die links rum unserem Druck stand hielt. Die Haifischflosse war dann eher einfacher, als von der Ferne gedacht, auch der Abstieg davon.

Nun standen wir vor dem grande Biancograt, unverspurt, unberührt und einfach wunderschön! Nun liessen wir zwei andere Seilschaften spuren und zogen ihnen nach. Der Biancograt sieht von weitem immer leicht steigend aus. Aus der Nähe und sich auf ihm selbst befindend, bemerkten wir rasch, dass man die Steilheit reichlich unterschätzt, wenn man den Biancograt aus der Ferne betrachtet. Mit der starken Höhenzunahme auf dem Grat (+rund 450Hm) ist dann auch die Steilheit recht plausibel. 

Immerhin merkten wir hier und da die alte Spur unter dem Neuschnee, anstrengend war’s aber trotzdem und ein Mal setzte Christoph eine Eisschraube. Auf der ersten Terrasse flacht der Grat kurz ab und steigt über eine Links- gefolgt von einer Rechtskurve nochmals an. Mehrmals schauten wir gegen Westen runter (man steigt immer rechterhand der Firnscheide hoch) und sahen weit in die Tiefe – ausrutschen ist hier nicht erlaubt.

Angekommen auf dem Piz Bianco ist das erste und auch das einzige was man sehen will, der Gipfel des Piz Bernina und vor allem der Gratübergang der dahin führt! Und irgendwie stockt es einem etwas den Atem, denn das sieht doch etwas gefürchig aus, gerade bei diesen Bedingungen. Nach Verrichtung verschiedener Notdürfte, Hunger, Durst, kalte Hände und Füsse zogen wir als erste Seilschaft los auf ins Abenteuer zur ausgesetztesten und zugleich anspruchsvollsten Passage der Tour. Der Grat ist dernach immer praktisch auf der Gratkante zu gehen. Er senkt sich auf beiden Seiten unheimlich in die Tiefe und obwohl der Fels sehr gut ist, muss man die Tritte und Griffe heute immer etwas mit Übervorsicht konsultieren, versuchen, testen und danach greifen und abtreten. 

Der erste Teil des Grates bis auf den ersten Kulminationspunkt ist mal abgesehen von der Ausgesetztheit nicht allzu schwierig. Danach senkt sich der Grat ein erstes Mal und man klettert anspruchsvoll ab, seilt einmal ab (soviel mir in Erinnerung bleibt). Die Bohrhaken – deren es einige hat – fanden wir nur sporadisch, weil sie unter dem Schnee begraben waren. 

Danach kletterten wir auf einen ersten kleineren Gendarmen um ein weiteres mal abzuseilen und abzuklettern. Es folgt ein Spreizschritt, der es in Sache Mut doch in sich hat und dies auf ungespurtem Gelände! Zeitweise spürte ich meine Hände nicht mehr und wenn sie sich durch das Hochklettern wieder etwas erwärmten, schmerzten sie im Pulse des Herzschlages. Der letzte Gendarm kann man einerseits im „Couloir“ direkt erklettern oder etwas rechts rum und von Südwesten her auf den höchsten Punkt gelangen.

Christoph entschied sich im Wissen darum, dass irgendwo Hacken sind, für die direkte Route die es in sich hat. Zuerst setzte er einen Friend, fand dann weiter oben rechts einen Bohrhaken und oben auf dem Kulminationspunkt einen weiteren. So konnten wir die schwierige Stelle gut gesichert angehen und meisterten sie ohne Probleme aber mit ehrfurcht. Der letzte Teil nach einem weiteren mal abklettern, also der finale Aufstieg auf den Piz Bernina, sieht um einiges schwieriger aus als er ist, trotzdem muss man nochmals die bereits etwas aus Müdigkeit nachlassende Konzentration forcieren. Überhaupt fand ich die Tour wegen der anhaltenden Konzentration sehr ermüdend, hinzukommend sicher auch die unwahrscheinliche Kälte gegeben durch die Nässe die wir aus dem Morgen den ganzen Tag mittrugen. 

Nach fast 10 Stunden waren wir als zweite Seilschaft auf dem Gipfel des Piz Bernina, was für eine Tour! Ich denke, wir haben heute insbesondere Stärke und Durchhaltewille bewiesen, der Kälte und Nässe getrotzt und den Gipfel daher umso mehr verdient. Wir waren stolz aber auch müde von der Tour und den Tortouren. Aber das nahmen wir gerne in Kauf. Wir genossen den Gipfel eine Weile und sinnierten über dies und das.

Der Abstieg über den Spallagrat nahmen wir dann ganzheitlich auf der Gratkante in Angriff. Der Grat hat einzelne ausgesetzte Firngratpassagen, die nochmals Konzentration forderten. Danach folgen noch 3 Abseilstellen, die jeweils sehr gut eingerichtet sind. Man findet hier allerhand Bohrhaken und kann sehr gut sichern. Der letzte Abschnitt führt dann auf dem ultraweichen und nassen Firn diretissima runter zum Rifugio Marce e Rosa, dass wir etwas nach 16.00 Uhr erreichten.

Schnell versuchten wir unsere Sachen mit Zeitungen zu trocknen und noch etwas an die Sonne zu legen, was aber bis zum morgen nur teilweise gelang.

Abstieg über Aufstieg am Palü

[23.07.2017] Rifugio Marco e Rosa – Bellavista – Piz Spinas – Piz Palü – Diavolezza / WS+ II
Aufstieg: 645m / Abstieg: 1250m /12.6Km, ca. 8 Stunden

Nach einer weiteren unruhigen Nacht, die Hütte war gestossen voll, starteten wir am nächsten Morgen etwas nach 06.00 Uhr und stiegen der Bellavista entgegen. Viele Bergsteiger waren unterwegs dahin, einzelne stiegen dann über den Fortezzagrat ab, die meisten aber setzten zur Palü-Überschreitung via den Piz Spinas an. Die Passage die auf die Bellavistaterrasse führt ist interessant, zumal man durch Spaltenzonen und entlang von Abbrüchen läuft, die den Weg dahin kurzeilig gestalten. Das Wetter war gut auch wenn insbesondere in Italien die Wolken empor stiegen.

Nach der Traversierung der Bellavista erreichten wir bei sehr kaltem Wind, immer noch mit nassen Handschuhen den Einstieg zur Palü-Überschreitung, die mit dem Spinasgrat auf der Furocla Bellavista ihren Anfang nimmt. Ein schöner Grat stellte sich vor uns auf. Auch wenn noch wenig Restschnee auf dem Grat lag, entschieden wir uns ohne die Steigeisen zu klettern, was uns ziemlich schnell vorankommen liess.

Kurz vor dem Piz Palü erreichten wir wieder Firn und stiegen mit Steigeisen auf den Piz Palü. Eine wunderbare Aussicht ergab sich von da. Die Gletscherwelt ist einmalig, die Tiefblick ebenso.

Der Abstieg über den Ostgrat ist heikel und ausgesetzt, die Spuranlage war aber trotz feuchtem Schnee nicht schlecht und mit der nötigen Konzentration ging das ganz gut. Unten bei rund 3740 auf einer flachen Terrasse angekommen, mussten wir uns zum ersten mal wärmebedingt einiger Kleider entledigen und stiegen fortan über den kleinen steilen Schrund ab. Der Vadret Pers, so schien mir, war noch ziemlich tief eingeschneit, Spalten hat es beim runterlaufen einige und die Querung dieser war einzelnerweise doch heikel. Unten zwischen 3100 und 3250m folgt die Route noch durch den Abbruch, was schon auch sehr beeindruckend war.

Unterhalb des Felsriegels des Piz Cambrena drehten wir gegen Osten zu und liefen auf dem aperen Gletscher bis zur Fuorcla d’Arlas. Das war es! Nur noch die letzten Meter (ca. 40 Minuten) zur Bergstation der Diavolezza – der Festsaal der Alpen zu unserer Linken, die Tour in bester Erinnerung!

Erste Hochtour der Sommersaison 2017. Tour mit Christoph.

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