Taj Mahal

Paradies auf Erden

Taj Mahal

[4th & 5th of may 2016]

Unglaublich herzzerrissen muss sich Shah Jahan gefühlt haben, als seine geliebte Lieblingsfrau, Mumtaz Mahal bei der Geburt des 14. Kindes starb. Denn nur so ist erklärbar, wie ein solch einzigartiges, ergreifendes Kunstwerk hat entstehen können – seine Emotionen haben ihn angetrieben.

Wie Mitglieder der Royal Family fühlen wir uns, als wir mit einem Umzug durch das Gate, bestimmt für die Royals, einlaufen, die Trommeln wie zu Zeiten von Shan & Mumtaz hallen im dunklen, aus rotem Sandstein gebauten Eingangstor. Und da erscheint er aus dem Dunkeln heraus, nimt langsam Gestalt an – der Taj Mahal! Ein kalter Schauer läuft uns den Rücken runter, bleiben stehen und begutachen diesen Bau, erbaut von Menschenhand.

 

 

Nicht, dass wir unseren Besuch so geplant hätten. Doch bei unserer Ankunft in Agra waren die Feierlichkeiten rund um den Geburtstag vom Mogul-Herrscher Shah Jahan in vollem Gange. Drei Tage waren die Tore zum Taj Mahal für jeden offen.

Früh am Morgen waren wir einmal mehr mit dem Zug angekommen, diesmal von Delhi nach Agra, und in einem Hotel nahe dem East Gate untergekommen. Von der Dachterrasse aus konnten wir einen ersten Blick auf das eindrückliche Bauwerk werfen.

 

Taj Mahal from the backside

Kurz vor Sonnenuntergang gingen wir am East Gate vorbei Richtung Norden, an’s Ufer des Yamuna-Rivers und erhaschten einen Blick von der Rückseite vom Taj. Wir hatten uns noch nicht recht umgesehen, da kam bereits ein Mann mit aufgehaltener Hand entgegen und fragte nach „boat“? Der rötliche Saft der Betelnuss, von welcher er gerade im Kauen begriffen war, klebte an seinen Zähnen und auch der dazupassende, eigenartige Duft war zu vernehmen.

Gerne nahmen wir sein Angebot an, stiegen auf das Boot und schon waren wir auf dem Fluss, welcher in dieser Saison sehr wenig Wasser führt. An ein kentern war nicht zu denken, den der (Ab-) wasserstrom war voller Abfall.

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Lange davon geträumt und jetzt waren wir plötzlich da, ganz allein auf einem Boot, und blickten auf das ästhetischste Bauwerk, das es in unseren Augen gibt. Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu, die Umrisse der markanten Kuppe, der vier kleinen Türme und der vier Minarette in den Ecken der quatratischen, marmoren Plattform zeichneten sich zunehmend dunkel vom hellblauen Himmel im Hintergrund ab.

 

Taj Mahal – ein Mausoleum für Mumtaz Mahal

Die Augen waren noch klein, als wir uns dem East Gate näherten. Auch für uns war der Eintritt heute frei, Mensch und Gepäck musste lediglich kurz durch den Scanner und dann waren wir bereits auf dem Areal. Dort begegneten wir dann auch schon einem jungen Mann, der uns nett fragte, ob er unser Guide sein dürfe – gerne erfuhren wir von einem Local die Geheimnisse des Taj Mahals, die wir ohne ihn wohl nicht entdeckt hätten.

22 Jahre sollen 20 000 Menschen an dem weiss-marmoren Taj Mahal und dem ganzen Komplex gebaut haben, daraufhin deuten die 22 kleinen, weissen Stupas über dem Eingangstor. In diesem, aus rotem Sandstein gebauten, bereits eindrucksvollen Gate postierte der Guide uns exakt auf der Mittellinie, bevor wir uns mit langsamen Schritten vorwärts bewegen durften. Eindrücklich entfernte sich der Taj Mahal von uns weg. Beim rückwärts Gehen kam er auf uns zu. Diese optische Täuschung war nicht die einzige, welche die Architekten eingebaut hatten.

Von hier hatten wir einen schönen Überblick über die grosszügig angelgten Gärten und die Wasserbecken in der Mitte, alles dem marmornen Taj Mahal vorgelagert. Die im sterben liegende Mumtaz Mahal hatte ihren Ehemann erstens gebeten, nicht wieder zu heiraten und zweitens, ihr ein Mausoleum zu bauen. Wenn Shah Jahan wieder geheiratet und mit dieser Frau wieder Kinder gehabt hätte, hätte man ihren Kinder keine grosse Beachtung mehr geschenkt. Und noch etwas passierte mit dem Tod von Mumtaz Mahal – der König war sehr gebrochen, so dass er über Nacht seine Krone ablegte und danach nie wieder aufsetzte.

Shah Jahan hatte die Bitte seiner Frau sehr ernst genommen und er war davon getrieben, ihr „ein Paradies auf Erden“ zu erschaffen. 1631 war Mumtaz gestorben. Bereits im folgenden Jahr hatte man mit der Konstruktion des Taj Mahal begonnen, zur Erinnerung an seine Frau, sein ein und alles.

Die Krypta, in welcher sich die originalen Gräber von Mumtaz und dem 35 Jahre später verstorbenen Shah Jahan befinden, wurde als erstes gebaut.

Gräber vom König Shah Jahan und seiner geliebten Frau Mumtaz Jahan

Gräber vom König Shah Jahan und seiner geliebten Frau Mumtaz Jahan (rechts)

Ein Duplikat dieser Gräber befinden sich im Erdgeschoss, wenn man von der Plattform ebenwegs ins Innere des Taj Mahals gelangt – diese sind für alle zugänglich, währenddem die Krypta verschlossen bleibt. Doch es wurde wie bereits erwähnt gerade die 361th Zeremonie des „Great Mughal King of Shahbuddin Shahjahan“ gefeiert, so dass wir die Ehre hatten, über die steile Treppe in die Krypta zu den originalen Gräbern des königlichen Paares hinuter zu steigen – die einzigste Zeit im Jahr, währenddessen diese für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Die beiden, mit frischen, wohlduftenden Rosenblättern über und über bedeckten Gräbern befanden sich in diesem kleinen, tiefen Raum, im Herzen des Mausoleums und wir gingen langsam im Menschenstrom drum herum. Die ebenfalls aus weissem Marmor gebildeten Gräber waren verziert mit Blumen und Pflanzen, welche mit kostbaren Edelsteinen in den Marmor eingebracht waren. Wenn man diese mit einem Licht beleuchteten, leuchteten diese in intensiven Farben.

Die Einheimischen sind in ihren schönsten Gewändern gekommen..

Ein Gang rund um den Taj beeindruckte uns nicht minder, denn der Bau fasziniert einem vor allem durch seine Symmetrie, durch die weisse, reine Farbe, durch die wunderbar runde Kuppe, den Toren und Fenstern. Wohin man auch immer schaut, entdeckt man wunderbar designte Ecken und Kanten. Über den vier Eingängen des Taj Mahals finden sich arabische Inschriften – das erste Kapitel des Korans ist hier niedergeschrieben. Die Küstler haben berücksichtigt, dass für den Betrachter am Boden die Schrift immer gleich gross erscheint; sie haben die distanzierteren Schriftzeichen grösser gezeichnet – auch ein besonderer Effekt.

20’000 Arbeiter, Architekten und Ingenieure, teilweise eigens für das Bauwerk aus änderen Erdteilen hergeholt, waren für über 20 Jahre damit beschäftigt, den Taj Mahal zu bauen. Zum Taj Mahal, der im Norden der Anlage auf einer marmornen Empore steht, gehören im Osten das sadsteinerne Guesthouse und auf der anderen Seite im Westen, gegen Mekka ausgerichtet die Moschee. Die ganze Anlage wird durch eine hohe Mauer umgeben, die durch drei Eingänge im Süden, Westen und Osten ergänzt wurde. Im Norden grenzt der Taj Mahal an den Yamuna River. Nach den Eingangstoren wird man von den schön angelegten Sandsteinwegen zu einem im Süden zentral liegenden Platz geführt, bevor man vor einem sehr hohen Gebäude mit 22 Stupas auf dem Dach (main gate) steht. Dessen Durchgehung, wie eine überdimensionierte Eingangspforte, nur durch die hohen Gäste des Mogulkönigs möglich war. Durch dieses Tor gelangt man in die grosse Gartenanlage und kann den Taj Mahal in seiner ganzen Pracht, mitsamt seinen beidseitigen Gebäuden betrachten. Die Anlage ist total symetrisch, entzweigeteilt in Ost und West.

Erst die nahe Betrachtung des erst im Norden des Areals liegenden Gebäudes offenbart die Tragweite dieser Architektur. Das Moschee-ähnliche Gebäude steht auf einem marmornen Sockel und das Gebäude selbst, auch die filigran angelegten Fenster sind aus Marmor gehauen bis hoch zur grossen Kuppel. Sämtliche Säulen und die Eingangspforten gehen in einen Spitzbau über, so dass sich das gesamte Gewicht des doch schweren Marmorgestalt optimal auf eine breite Fläche verteilt. Einzig nicht aus Marmor, der speerartige Spitz, ursprünglich aus Gold, heute aus Kupfer ragt wie ein Fremkörper und doch genau richtig platziert aus der Kuppe gegen den Himmel. Die Farbe, die Blumen, Pflanzen und Vögel, sind keine Wandmalereien, ihr Erscheinungsbild entsteht ganzheitlich aus filigran in den Marmor eingarbeiteten Edelsteinen, die je nach Sonneneinstrahlung ganz bedeutende Farben in des Betrachters Auge projezieren.

Diese Technik, die Darstellung von Elementen in/auf Stein mit anderen Steinelementen wird  Piedra Dura Technik genannt, bei welcher hier passende Formen aus dem Marmor rausgemeisselt, bevor diese entstehenden Hohlräume mit den unterschiedlichsten, bunten Edelsteinen gefüllt werden, damit erneut eine glatte Oberfläche mit den blumenartigen Sujets zurück bleibt.

Der Taj Mahal ist jeweils am Freitag für Touristen geschlossen. Die Anlage und davon insbesondere die Moschee wird von der muslimischen Bevölkerung an Freitagen für die Praktizierung ihres Glaubens genutzt. Der Taj Mahal ist eine islamische Religionsstätte die aktiv genutzt und geehrt wird.

Der Taj Mahal ist ein einmaliger Ort mit unverkennbarer Architektur. Die Wörter „grossartig, fantastisch, gigantisch“ vermögen das Gefühl, die Beurteilung, die Gedanken, die einem beim Besuch des Taj Mahal hochkommen, nicht zu beschreiben. Es kann einen nur mit unheimlich viel Glück erfüllen, wenn man die Gelegenheit hat, dieses reale Kunstwerk aus der Nähe betrachten zu können.

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