wild – wilder – Wildstrubel

auf den wilden Strubel

[19./20. September 2015]

Nach unserem letzten Ausflug vor über zwei Jahren mit Vroni & Frank, ebenfalls ausgerüstet mit Bergschuhen an den Füssen, wollten wir unbedingt wieder einmal gemeinsam in die Berge. Letztes Mal war es im wilden Patagonien, als wir zusammen im Parque Nacional Los Glaciares unterwegs waren, viel Geduld bewiesen und am späten Nachmittag überraschend doch noch einen wunderbaren Blick auf die Granitzähne des Fitz Roy erhaschen konnten – ein unvergesslicher Tag! Diesmal ging’s tief ins Simmental, in die Lenk. Die etwas kribblige Prognose mit äusserst wechselhaftem Wetter, Regen, Wind, Böen und Schnee bis unter 3000m inklusive machte uns gespannt, wie es denn tatsächlich werden würde.

Auf jeden Fall wurden wir nicht enttäuscht und ein wunderbares Naturspektakel wurde uns am frühen Morgen vor dem Gipfelsturm auf den Wildstrubel geboten – und die Bedingungen machten die Besteigung tatsächlich etwas wild, entsprechend dem Bergnamens. Schneegestöber beim Verlassen der Hütte in Dunkelheit, unerwartet viel Schnee, ein äusserst perfektes Timing beim Gipfelfoto und ein anstrengender, aber amüsanter Abstieg zu den Simmenfällen bleiben uns wohl allen in bester Erinnerung. 

 

ein lockerer Aufstieg zur Wildstrubehütte

Von der Iffigenalp aus nahmen wir vergnügt den Weg zu den Wildstrübelhütten SAC unter die Füsse. Der Pfad führte direkt durch die Nordwand des Mittaghore, entlang schöner, filigraner Kalkschiefer in Richtung zu den Rawilseeleni. Kurz vor den Rawilseeleni machten wir eine längere Pause bei sich verschlechterndem Wetter. Aufgrund dieser nebligen Beobachtungen zogen wir dann direkt hoch zu den Wildstrubelhütten. Oben angekommen, begann es zu unserer Überraschung an zu schneien. Doch die heimelige Stube im alten Hüttenteil, schön warm, bei Kaffee und Nussgipfel machten wir uns vorerst keine Sorgen. Ein amüsanter und geselliger Hüttenabend ging bei einer Runde Jassen und Wizzard schnell vorüber, bis dann um 22.00 Nachtruhe angesagt war. Bei anhaltender Beobachtung der Wetterentwicklung überraschte uns der viele Schnee, der sich auf den Terrassenboden legte. Ein vorausgehender Abbruch des Schneefalls war nicht zu erwarten. Wir beschlossen, erst mal schlafen zu gehen.

 

mit einem winterlichen Vorboten auf den wilden Strubel

Es war noch dunkel draussen, und Schneegestöber begrüsste uns beim Hinaustreten vor die Hütte. Es war etwas nach 6.00. Bei diesem leichten Schneefall zogen wir bei ca. 15cm Neuschnee, manchmal auch deutlich tiefer hoch zur Wisshorelücke. Oben angekommen, zogen die schweren Schneewolken dicht über unseren Köpfen hinweg und das erste Tageslicht erreichte uns. Sicht auf die Plaine Morte in Abwechslung mit dichtem Nebel feuerte uns an, die Pointe de la Plaine Morte baldig zu erreichen und damit auch den Sonnenaufgang über dem Walliser Nebelmeer. So zogen wir in überaus winterlichen, teils knietiefen Schritten westlich der Pointe de Vatseret hoch auf die Pointe de la Plaine Morte. Die Walliser Eisriesen waren bereits hell erleuchtet und das gesamte Wallis war unter einer erheblichen Wolkendecke verborgen. Wir genossen die eisige Sicht in alle Himmelsrichtungen, auch auf die Plaine Morte, wo der Nebel sich ins Nichts auflöste. Seit unserem Start von der Hütte war uns ein wunderbares Naturspektakel geboten worden. Zwar prognostiziert, jedoch nicht vorstellbar in morgendlicher Dunkelheit, dem Schneegestöber und unter kompakter, flächendeckender Wolkendecke unterwegs, hatte sich die Wettersituation innert 1.5h völlig verändert.

ein Hauch Nebel schwebt noch über der toten Ebene

ein Hauch Nebel schwebt noch über der toten Ebene

Danach bogen wir östlich unterhalb der Pointe de la Plaine Morte runter zum Gletscher, der tief eingeschneit war. Wir seilten an, nicht weil die Plaine Morte viele Spalten aufweisen würde. Doch die tote Ebene hat einige kleinere bis grössere Abflusslöcher, in welchen Rinnsaale oder kleinere Bäche bei der Schnee-/Eisschmelze rauschend ins Nichts verschwinden. Bei den aktuell gegebenen Schneebedingungen konnte dies relativ gefährlich werden und deshalb schien uns vernünftig, anzuseilen.

Die Plaine Morte unterschätzt man in ihrer Ausdehung – denn wenn man sie durchquert, dauert die Überquerung ziemlich. Die Diagonale misst fast 4Km und durch das nicht schnurgerade Gehen kann man sich in etwa vorstellen, dass die Distanz dadurch noch anwächst. Mit einer guten Stunde bis zum Fuss des Lenker Strubels ist dadurch zu rechnen. Wir entschieden uns auf Grund des Schnees gegen den Übergang über das Schneehorn und stiegen in einer weiteren Stunde, den Schneemännchen folgend, direkt auf den Lenker Strubel.

Oben freuten wir uns auf das Erreichen des Wildstrubel an diesem „Wintertag“ im Herbst. Das Gipfelfoto mit Selbstauslöser war schnell im Kasten, doch entsprach dies nicht unserer Vorstellung. Es war für uns alle ein freudiger Moment, den Wildstrubel mit dem frühmorgendlichen Naturschauspiel erreicht zu haben, mit diesem traumhaften Ausblick. Wir wollten unserer Freude deshalb spontan Ausdruck geben und dies klappte besonders gut…

..dann wild auf dem Wildstrubel...ein Freudensprung aus tiefstem Innern!

..dann wild auf dem Wildstrubel…ein Freudensprung aus tiefstem Innern!

Über den Lenkerstrubel scheint ein Windkanal zu ziehen – deshalb zogen wir nach einer Verschnauf-Zuckerauffüller-Pause direkt über Fels und Eis leicht auf den Mittelgipfel und wieder zurück. Wir genossen es, alleine unterwegs zu sein und den tiefen Schnee auf dem Gletscher zu spüren.

Zurück stand uns ein 2100Hm langer Abstieg zum wunderschönen Fluehseeli und weiter zu den Simmenfällen in Lenk bevor. Der Abstieg bis etwas oberhalb des Fluehseeli war durch mehr oder minder schmierigen Schnee geprägt, was doch ziemlich zusetzte. Danach, der Bergweg über die Sibe Brünne ist bei nassen Bedingungen nicht ganz ohne, erreichten wir das Retzlibergli und nach einer Kiesstrasse doch etwas erschöpft die Simmenfälle.

Danke Vroni & Frank für ein überaus gelungener, amüsanter, anstrengender und einprägsamer Wochenendtrip auf unseren Hausberg, den Wildstrubel!

 

Wegpunkte

Tag 1: von der Lenk mit persönlichem Taxi auf die Iffigenalp – Blattihütte – Stierenläger – Rawilsee zur Wildstrubelhütte SAC (ca. 4h inklusiv Pausen). ↑ Aufstieg 1205Hm.

Tag 2: Wildstrubelhütte SAC – Weisshornlücke – Pointe de la Plaine Morte – über den Glacier de Plaine Morte – Wildstrubel 3243.5m (Lenkerstrubel) – Mittelstrubel 3243.5m – zurück zum Lenkerstrubel – Rottäli – Flueseeli – bi de siebe Brünne – Rezlibergli – Simmefälle – mit persönlichem Taxi (auch ÖV-Anschluss) zurück in die Lenk. ↑ Aufstieg ca. 850 Hm, ↓ Abstieg ca. 2400 Hm.

 

Zeitbedarf

Wildstrubelhütten – Pointe de la Plaine Morte: 1.5h (mit Neuschnee)
Pointe de la Plaine Morte – Lenker Strubel: 3h (mit Neuschnee)
Lenker Strubel – Mittelgipfel retour (1.5h) (Achtung Spalten)
Abstieg bis zu den Simmenfällen (4h)

 

 

 

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